Selbsterfahrung dank Hypnose

Ich habe diesen Sommer eine besondere Selbsterfahrung gemacht und mich dabei selbst überrascht.

Autorin: Lina Anastasia Jost, August 2025

Pictures © Lina Anastasia Jost

Im Jahr 2008 habe ich eine Delfin-Tour auf La Gomera gemacht. Kurz nachdem ich das Boot betrat veränderte sich mein Teint in gruselig grau-grün. Ein Farbton, den ich davor und seither nie wieder an mir gesehen habe. Mir wurde so fürchterlich übel, dass ich mich auf dem Boot zusammenkrümmte. Mein Körper versuchte mich in einen Standby-Modus zu bringen. Ich dämmerte vor mich hin, übergab mich von Zeit zu Zeit und wünschte dieses furchtbare Gefühl würde endlich enden – egal wie. Den Anblick der Delfine konnte ich an diesem Tag überhaupt nicht genießen. Diese Erfahrung und der Frust waren sehr einprägsam. Ich habe seitdem keinen Fuß auf ein Boot gesetzt und habe sogar Tretboote gemieden. Nur die große Fähre nach Dover habe ich mir zugetraut.

Diesen Frühling verliebte ich mich und er fragte mich, ob ich ihn und seine Freunde auf einen Segeltörn im Ionischen Meer begleiten wolle.

Meine spontane Reaktion war: „Das geht nicht! Ich werde seekrank.“

Er fragte nochmal.

Ich antwortete: „Ich wünschte, ich könnte einfach „Ja!“ sagen. Aber ich werde seekrank werden und dir und den anderen den Spaß verderben.“

Aber der Vorschlag hatte einen Funken in mir entfacht und es arbeitete in mir.

War es wirklich nicht möglich?

In meiner Familie ist das Segeln durchaus positiv besetzt. Mein Opi und mein Bruder sind jeweils auf der Thor Heyerdahl mitgesegelt. Ich liebe es in natürliche Gewässer einzutauchen, am Strand entlangzulaufen, der Brandung zu lauschen und am Meer zu sein. Ich bewundere die Kombination aus Funktionalität und Ästhetik, die beim Bootsbau zusammenkommt.

Ich spüre diese Sehnsucht und die romantische Vorstellung von Abenteuer und Freiheit, die mit dem Segeln assoziiert ist. Ich entschloss mich, dass es Zeit war, mir selbst eine neue Geschichte zu erzählen – aber wie?

Eines Abends, beim Zuschließen der Praxis, hallte das dankbare Feedback einer Klientin in mir nach, die sich nach einer Hypnose einer Situation stellen konnte, die ihr zuvor überwältigend erschien. Da blitzte ein – so naheliegender und doch neuer – Gedanke auf: Ich hypnotisiere mich selbst.

Ich helfe seit Jahren Menschen ihre Ängste und Gewohnheiten mittels Hypnose loszulassen oder umzuschreiben. Ich habe Prüfungsängste, Panikattacken, Angst vor sozialen Situationen, Flugangst und verschiedene andere Ängste, Glaubenssätze und hartnäckige Gewohnheiten erfolgreich behandelt. Ich sagte zu und begann mit den Vorbereitungen. Ich kaufte Seabands, Akupressur-Armbänder gegen Reiseübelkeit, Kaugummi mit Ingwer, Ingwerbonbons und erweiterte meine homöopathische Reiseapotheke.

Zwei Wochen vor Reisebeginn, machte ich eine Audio-Aufnahme meiner Hypnose. Darin adressierte ich meine Glaubenssätze, mögliche Stressoren und wie ich ihnen begegnen würde, darunter Atemtechniken als wichtigste Methode und verankerte positive Gefühle und Bilder in meinem Unterbewusstsein. Ich hörte mir die Aufnahme noch in Deutschland zwei Mal an und dann noch ein weiteres Mal, an dem Morgen, an dem wir auf das Boot gingen.

Die Reise begann, wir flogen nach Lefkada. Ich war entspannter als mein Freund und fühlte mich gut vorbereitet. Am nächsten Tag traf ich die Crew das erste Mal. Wir sechs würden nun die nächsten sieben Tage und Nächte auf diesem Boot zusammen leben. Wir verbachten die erste Nacht auf dem Boot im Hafen. Ich schlief schnell ein, wurde zwar bei jedem neuen Geräusch (Plätschern, Rauschen, gegen das Boot schlagen, Pumpen, Gluckern) wach und fühlte mich morgens dennoch erholt. Um 9:00 Uhr gab es ein Briefing der Flotilla-Captains.

Dann legten wir ab, anderthalb bis zwei Stunden bis zum ersten Stopp. Ich trug sicherheitshalber die Armbänder und kaute Kaugummi. Ich war sehr konzentriert und achtete auf Anzeichen meines Körpers, um früh gegensteuern zu können. Ich erinnerte mich daran, dass das Wichtigste sei entspannt zu bleiben.

Die Armbänder trug ich nur die ersten zwei Tage. Von den anderen Medikamenten, die ich dabei hatte, machte ich überhaupt keinen Gebrauch. Alles lief bestens, ich entspannte mich mehr und mehr. Ich aß mit Appetit. Ich erweiterte auch täglich meinen Bewegungsradius auf dem Boot. Bald stand ich am Steuerrad und hielt den Kurs, und half bei Manövern. Wenn wir mit Motor fuhren und nicht segelten, setzte mich an den Bug des Bootes, wo es am meisten schaukelt. Ich trug ein breites Lächeln im Gesicht und fühlte mich eins mit der Umgebung, sog die Meerbrise ein und war tief berührt von der Schönheit der verschiedenen Landschaften.

An Tag 4 beendete mein Freund unsere Beziehung und war so überfordert mit der Gesamtsituation, dass er das Boot im nächsten Hafen verließ. Wir hatten diese Reise gemeinsam geplant und angetreten. In gewisser Weise war ich für ihn über meinen Schatten gesprungen, damit wir diese verbindende Erfahrung machen könnten.

>>Sailing makes you or it breaks you.<<

Ich spürte, dass wir nicht zueinander finden würden und gleichzeitig, dass es einen Grund gab, warum ich hier war. Ich entschied mich zu bleiben und die Reise fortzusetzen.

Wir fanden als Crew schnell einen gemeinsamen, harmonischen und leichten Rhythmus. Ich übernahm Aufgaben, die ich noch nie gemacht hatte und überraschte mich jeden Tag selbst. Ich erinnerte mich an einen Satz von Astrid Lindgren:

>>Das habe ich noch nie vorher versucht,
also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.<<
Pippi Langstrumpf

Das erreichte seinen Höhepunkt als wir auf dem Weg nach Vasiliki endlich Segel setzen konnten und in Schräglage, hart am Wind über das Wasser flogen. Wir hatten 20, in der Spitze sogar 26 Knoten Wind. Im Hafen war bereits alles besetzt, deshalb verbachte ich zum ersten Mal eine Nacht auf Anker. Den Hafen in Sicht, zu weit entfernt, um an Land zu schwimmen. Jedes Mal, wenn ich schaute, hatte das Boot eine andere Orientierung. An diesem Abend kochte ich für uns ein Abendessen an Bord. Ich fühlte mich nicht eingesperrt oder auf dem Meer ausgesetzt, sondern frei und auf dem Boot zuhause. Die anderen hatten alle mehr Segelerfahrung als ich und waren während der Reise sehr entspannt. Doch im Nachhinein sagten sie zu mir: „An dem Tag war ich nervös und habe mich am Boot festgehalten und meinen Kiefer zusammengebissen und dann habe ich zu dir geschaut und du warst ganz entspannt und hast über das ganze Gesicht gestrahlt.“

Pictures © Lina Anastasia Jost

Ich bin sehr stolz auf mich. Ich bin über mich selbst hinaus gewachsen und habe viel über mich gelernt. Ich durfte spüren wie resilient ich bin. Das war eine transformative Reise.

Das Kalenderblatt in meiner Praxis verkündete für die Woche, in der ich im Urlaub war:

>>Das Leben gibt Dir, was Du brauchst, nicht das, was Du willst.<<

Ich teile diese Selbsterfahrung, um auch Dich zu ermutigen, Dich neuen Erfahrungen und Herausforderungen zu öffnen. Gerne unterstütze ich Dich dabei Deine eigene Geschichte neu zu schreiben und Dir Deine Träume zu erfüllen.